Zusammenfassung
1. Es wird bestätigt, daß Myanesin eine kurareähnliche Wirkung, besonders auf die
Bauchdeckenmuskulatur ausübt, während die periphere quergestreifte Muskulatur und
die Atemmuskulatur bei Verwendung therapeutischer Dosen nahezu unberührt bleiben (im
Gegensatz zu Kurare), daher fehlen Zwischenfälle der Atmung. Andererseits entspricht
die Muskelentspannung im abdominellen Bereich nicht immer den bisher angegebenen Graden.
Die Wirkung setzt sich am nichtnarkotisierten Menschen durch und ist nach den Erfahrungen
aller Untersucher unter Narkose verstärkt. Daher liegen die Dosierungsbereiche beim
Bewußtlosen erheblich niedriger als im wachen Zustand.
2. Am Kreislauf übt beim wachen Menschen das Myanesin eine depressive Wirkung aus,
so daß bei voll ausgebildetem Myanesineffekt Schlagvolumen, Minutenvolumen, Herzarbeit
und Herzleistung fast um die Hälfte sich erniedrigen und der periphere Widerstand
etwa um das Doppelte ansteigt. Es bildet sich der Zustand einer Zentralisation des
Kreislaufes (Duesberg und Schroeder), als Zeichen voller Kompensation eines kollapsähnlichen
Zustandes durch Gefäßerweiterung im Splanchnikusgebiet aus. Hierdurch sind der Verwendung
des Myanesin Grenzen gesetzt. Auffallend ist eine Verkleinerung der Blutdruckamplitude,
hauptsächlich mit Erhöhung des diastolischen Blutdruckes. Möglicherweise lassen sich
myanesinähnliche chemische Substanzen therapeutisch ausnützen.
3. Entgegen den bisherigen Behauptungen haben wir in etwa 40% der Fälle mit der Normallösung
und Originaltechnik schon Hämolyse und Hämoglobinurie, sowie Thrombophlebitis an der
Injektionsstelle festgestellt, die als Schaden durch zu hohe Myanesinkonzentrationen
und eventuell ungeeignete Lösungsmittel aufgefaßt werden müssen.
4. In vitro Hämolyseversuche mit Menschenblut bei gleichzeitiger Bestimmung der Erythrozytenresistenz
ergaben Hämolyse bis zur Verdünnung 1 : 400. Die Originalkonzentration 1 : 10 ergibt
in allen Fällen sofortige Hämolyse.
5. Die klinische Wirkung des Prostigmin als Antidot des Myanesin wird bestätigt, jedoch
wird hierdurch die Kreislaufdepression nicht beseitigt, sondern eher verstärkt. Im
Gegensatz zu Kurare, Intocostrin Squibb besitzt das Myanesin offen bar nicht nur einen
peripheren Angriffspunkt im Muskelbereich, sondern auch zentrale und spinale Angriffspunkte
Wir beobachteten leicht narkotische Wirkung.